Dienstag, 16. März 2021

Flaniermeile Berlin Friedrichstraße: Was lange währt, wird doch noch gut?

Foto: Jörg Thiemann-Linden
Berlin hat auf der Friedrichstraße Testweise eine Flaniermeile eingerichtet. O-Ton Senatsverwaltung: "Spazieren gehen, neu erleben, genießen: Die Flaniermeile Friedrichstraße soll die Straße im Herzen der Stadt beleben. Dazu wird sich die Friedrichstraße für den Zeitraum von fünf Monaten wandeln. Gemeinsam mit den Gewerbetreibenden vor Ort werden Angebote erprobt, wie die Straße attraktiver werden kann. Damit einhergehend wird die Berliner Mobilitätswende in dieser Zeit für einen konkreten Straßenabschnitt erfahrbar, indem der gesamte Straßenbereich zwischen Französischer Straße und Leipziger Straße ausschließlich für Fußgänger*innen und Radfahrende zur Verfügung steht." Gut so, hätte man aber auch früher haben können.

Im Jahr 2004 hat PRR den Lärmaktionsplan für Berlin-Mitte bearbeitet. Ein Vorschlag: Einrichtung einer Fußgängerzone auf einem Teilabschnitt der Friedrichstraße und flankierende Tempo 10- und Tempo 30-Zonen im Umfeld. Was heute als gute Idee gilt, führte damals zu einem mehrtätigen Auftritt ganz vorne im Lokalteil der Berliner Zeitungen. Ein paar Zitate aus dem Artikel der Berliner Morgenpost vom 28. Januar 2004: Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) lehnt die Pläne "rundweg ab", Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU) spricht von "aberwitzigen Vorschlägen", denn "das Gutachten ist fernab der Realität und so nicht umsetzbar."

Was lange währt, wird 17 Jahre, ein Mobilitätsgesetz und eine Corona-Pandemie später anscheinend doch noch gut. Es braucht halt Zeit und Geduld – aber das sollten wir Planer ja kennen.

Mittwoch, 17. Februar 2021

Lärmschutz als Betrag zu lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitten

In den Jahren 2019/20 hat PRR gemeinsam mit der Hochschule Karlsruhe für das Verkehrsministerium Baden-Württemberg begleitend zur Umsetzung der Lärmaktionspläne der 3. Runde die Roadshow "Lärmaktionsplanung für eine ruhigere Umwelt" durchgeführt.

Um das Thema über die Präsenzveranstaltungen hinaus weiter zu transpotieren, hat sich das Verkehrsministerium entschieden, ergäzend eine Broschüre herauszugeben, die politische Entscheidungsträger und interessierte Bürger zu motiviert, das Thema Lärmschutz und Ortsgestaltung anzugehen und Interessierten gleichzeitig die wesentlichen Grundlagen für eine Umgestaltung von Ortsdurchfahrten mit auf den Weg gibt.

Denn erfolgreicher Lärmschutz an Straßen und Ortsdurchfahrten dient nicht nur dem Gesundheitsschutz der Betroffenen, sondern ist ein essenzieller Baustein für eine nachhaltige Ortsentwicklung und das Ziel lebendiger und verkehrsberuhigter Ortsmitten. Gleichzeitig ist der Lärmschutz Profiteur einer gelungenen integrierten Stadt-, Straßen- und Mobilitätsplanung. Die Broschüre gibt einen Einblick in die vielfältigen Zusammenhänge, zeigt eine Vielzahl von guten Beispielen aus Baden-Württemberg und ermöglicht eine Ersteinschätzung zu Maßnahmen, um Ortsmitten leiser und lebendig zu gestalten.

Die Broschüre "Leise durch den Ort - Lärmschutz als Beitrag zu lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitten" kann im Internet unter https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikation/did/broschuere-leise-durch-den-ort/ heruntergeladen werden.

Dienstag, 5. Januar 2021

Tagebau Garzweiler: PRR bearbeitet Verkehrsstudie zur LANDFOLGE

Die Tagebaue Garzweiler I und II haben mitten in der dicht besiedelten Rheinschiene ein gigantisches Ausmaß – ein paar Zahlen sollen dies verdeutlichen (ohne die Tagebaue Hambach und Inden!): Gesamtfläche ca. 114 km² derzeit weitgehend unerschlossen, Ost-West-Ausdehnung etwa 17 km, Fläche des Restsees 20-23 km², Befüllung ab etwa 2039 über 35 Jahre u. a. durch Wasserentnahme aus dem Rhein, Abschluss voraussichtlich Ende der 2070er Jahre. Ist es angesichts dieser Dimensionen sinnvoll (und überhaupt machbar), im Jahr 2020 für diesen Raum eine Verkehrsstudie zu erstellen?

Ja, wenn man die Entwicklung in mehrfacher Hinsicht als Prozess versteht: Es ist der bereits laufende Prozess des sich zurückziehenden Tagebaus mit nachrückenden Nutzungen in den Randbereichen. Es ist der Prozess des formalen Umgangs mit den ehemaligen Tagebauflächen (z. B. Bindungen aus der Aktualisierung der Leitentscheidung oder der Frage der Wiederherstellung der A 61 im fortzuschreibenden BVWP). Es ist maßgeblich auch der Prozess einer nachhaltigen, robusten und zukunftsfähigen Flächennutzung und mit welchen Mobilitäts- und Infrastrukturangeboten sie erschlossen werden soll. Die Frage ist vor allem: Wieviel Straße ist notwendig und wie kann die bestehende Schieneninfrastruktur weiterentwickelt werden.

Die Verkehrsstudie reagiert auf diese Prozesshaftigkeit mit drei zeitlich aufeinander folgenden Szenarien: Konkrete kurzfristige Maßnahmen aufbauend auf bereits bestehenden oder festgesetzten Nutzungen, als mittelfristiges Szenario sich bereits verfestigende Entwicklungen, die es zu schärfen und an jeweils aktuelle Erkenntnisse anzupassen gilt, und schließlich als drittes langfristiges Szenario eine Vision zukünftiger Nutzungsstrukturen. Als Entwicklungsmotoren sollen in sich schlüssige Maßnahmencluster dienen. So kann Cluster für Cluster auf neue Rahmenbedingungen – und die werden in den nächsten 50 Jahren nicht ausbleiben – reagiert werden.

PRR hat sich im Auftrag des Zweckverbandes LANDFOLGE GARZWEILER dieser Aufgabe gestellt. Es war ein ungewöhnliches und deshalb sehr spannendes Projekt. Angesichts des zeitlichen Horizonts ist die Studie als Teil eines Findungsprozesses zu verstehen. Es hat uns deshalb gefreut, dass die Gewinner der "Entwurfswerkstatt Innovation Valley" ihre verkehrliche Konzeption stark an unsere Überlegungen angelehnt haben – der nächste kleine Schritt zu einer weiteren Konkretisierung.