Sonntag, 27. August 2017

Bahnhof des Jahres 2017: Lutherstadt Wittenberg

Die Allianz pro Schiene hat den Hauptbahnhof der Lutherstadt Wittenberg zum Bahnhof des Jahres 2017 gekürt. Die Auszeichnung gilt vor allem dem neuen CO2-freien Empfangsgebäude mit seinen vielfältigen Service-Angeboten. Das ist schon ein tolles Gebäude geworden. Glückwunsch an die Lutherstadt und die DB AG! Die Auszeichnung gilt aber auch der engen Verknüpfung der einzelnen Verkehrsmittel untereinander, wie die Allianz pro Schiene in ihrer Würdigung ausdrücklich betont: "Wittenberg ist ein Bahnhof, an dem ich wunderbar ankommen kann, an dem ich wunderbar weiterkommen kann… es ist für alles gesorgt. Was will ich als Reisender mehr."

PRR hat mit dem Start des Projekts 1995 über 17 Jahre die Projektsteuerung für die Bahnhofsentwicklung übernommen. Damals gestartet mit der These, aus dem Bahnhof in Mittellage "drei Rückseiten" einen Bahnhof mit "drei Vorderseiten" zu entwickeln: Die Westseite als Haupterschließung mit Anbindung an die Stadt, die Mitte als "Gelenk" und P+R-Standort und die Ostseite zur engeren Anbindung der Elstervorstadt an die Kernstadt. Das Ziel war von Beginn an, alle Verkehrsmittel auf möglichst engem Raum miteinander zu verknüpfen. Es ist nun fast alles geschafft und man darf optimistisch sein, dass auch der letzte Baustein, das Durchstechen des Personentunnels nach Osten in die Elstervorstadt, gelingen wird – vielleicht bis zum Jahr 2020 zum 25-jährigen Planungsjubiläum.

Es ist nicht die erste Auszeichnung, die der Bahnhof erhält. Bereits 2003 war die geplante Bahnhofsentwicklung ein "Hervorzuhebender Beitrag" im Wettbewerb des BMVBW "Vom Reißbrett auf´s Gleisbett", 2006 erhielt der Bahnhof den 3. Preis im Wettbewerb "Auf dem Weg zur barrierefreien Kommune" des Landes Sachsen-Anhalt und 2008 wurde er als Good Practice im BBR-Wettbewerb "Vernetzung im Verkehr" ausgezeichnet.

Donnerstag, 3. August 2017

Südafrika - Exkursion in ein Land der Widersprüche

Kapstadt, Bo-Kaap - Fotoimpressionen PRR
Download unter www.prr.de/Poster SA.pdf    
Vom 1. bis 11. April 2017 veranstaltete das Institut für Städtebau, Berlin, eine städtebauliche Exkursion nach Südafrika. Johannesburg, Pretoria, Durban und Kapstadt waren die Ziele der Reise. Es war, nicht untypisch für ein Schwellenland, eine Reise der Widersprüche:






Tagsüber gibt es über soziale Unterschiede hinweg ein weitgehendes Miteinander der unterschiedlichen ethnischen Gruppen. Aber abends fährt jeder in seinen Stadtteil. Das reicht von Townships bis zu Gated Communities, die beide immer weiter ausufernd die Weichbilder der großen Städte beherrschen.


Kapstadt, Township

Johannesburg, Gated Community


Das reicht von BRT-Systemen mit schicken Midi-Bussen zur Erschließung der Innenstädte und der Weißenviertel (teilweise nach Abschaffung der Straßenbahn) bis zu alten Gurken, die von eigenen Busbahnhöfen nahezu unsichtbar für Weiße in die Townships fahren.

Kapstadt, BRT-System mit Midi-Bussen

Kapstadt, Busbahnhof für Busse in die Townships


Das reicht von Klein- und Kleinsthandel in den Townships bis hin zu Malls, die alleine im Umfeld von Johannesburg in den letzten Jahren einen Zuwachs von mehreren Millionen Quadratmeter Verkaufsflächen verzeichneten.

Soweto, Werbung für Kleinsthandel

Johannesburg, Mall of Africa mit 131.000 m² Verkaufsfläche


Das reicht von engagierten Projekten zur Aufwertung innerstädtischer Quartiere bis hin zu typischen Investorenprojekten mit Luxuswohnungen und Bürotürmen.

Johannesburg, renovierte Altbebauung

Johannesburg, gestyltes Bürogebäude


Das reicht von unsicheren Straßenzügen und Stadtvierteln bis zu Business Improvement Districts (BID), wo der öffentliche Raum den Investoren gehört, die über ihre privaten Wachdienste über das bestimmen, was erlaubt ist und was nicht (z. B. Fotografier- und Versammlungsverbot). Der Wert des öffentlichen Raums zwischen mitteleuropäischer Tradition und lokalem Sicherheitsbedürfnis war eines der meistdiskutierten Themen unter den Exkursionsteilnehmern.


Pretoria, belebte Straßenszene, Hetik, Staus, Parkplatzsuche



Johannesburg, reservierte VIP-Stellplätze in verkehrsberuhigten Straßen eines privaten Einkaufszentrums

Das reicht von esoterischen Kollegen, die Arbeit nur als soweit notwendig ansehen, dass man davon leben kann, über eher kommunistisch orientierte Kollegen, die in anderen Gesellschaftsformen keine Lösung sehen, bis hin zu Schickimicki-Architekturbüros, die mitten im Turbo-Kapitalismus stehen.

All das muss dieser Staat aushalten. Der derzeitige Staatpräsident Zuma ist umstritten und das Programm musste mehrfach wegen massiver Demonstrationen umgestellt werden. Aber: Weiße und Schwarze demonstrieren gemeinsam gegen die Regierung, die Polizei hat die Demonstrationszüge entspannt begleitet und die Presse kann offen über die Demonstrationen berichten. Das ist heute angesichts der Entwicklung in anderen Ländern wieder erwähnenswert.

Es war keine spektakuläre, aber eine sehr spannende Reise in eine Welt zwischen arm und reich.