Mit der Novellierung des
§ 45 StVO wurde der Spielraum zur Anordnung von Tempo 30 erweitert. Die anordnungsfähigen
Gründe sind nun vielfältig: Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildende Schulen, Förderschulen,
Alten- und Pflegeheime oder Krankenhäuser, Unterstützung einer geordneten
städtebaulichen Entwicklung. Es ist eine Entwicklung zu erkennen, die
Bedeutung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung mit einem "städtebaulichen
Verkehrskonzept" stärker als bisher in der Abwägung zu würdigen (z. B.
verankert im "Kooperationserlass-Lärmaktionsplanung" des Landes BW
vom 29. Oktober 2018, AZ 4-8826.15/75).
In der gefestigten
Rechtsprechung ist der Handlungsspielraum bereits seit längerem erheblich
weiter, als sich dies aus den LärmSchRL-StV 2007 ablesen lässt. Bereits in früheren Urteilen ausgeführte Rechtsmeinungen wreden durch
die jüngere Rechtsprechung weiter gestärkt, u. a. Urteil des VGH Mannheim aus
2018, AZ 10 S 2449/17: Das Urteil räumt der klagenden Kommune das Recht ein,
die sachgerechte Abwägung zur Anordnung von Tempo 30 in eigener Verantwortung
durchzuführen. Diese Abwägung ist dann von der Straßenverkehrsbehörde auf formale Richtigkeit zu prüfen und anschließend anzuordnen.
Bei
allem aufkommenden Optimismus bei den Kommunen, darf man den Aufwand für eine ermessensfehlerfreie Entscheidung
nicht unterschätzen. So nennen die
LAI-Hinweise zur Lärmaktionsplanung u. a. folgende Punkte: überregionale
Verkehrsbeziehungen, Verminderung der Leistungsfähigkeit, Verlängerung von
Fahrzeiten, Beeinflussung von Grünen Wellen, Einwirkungen auf den ÖPNV, Verdrängung
des Kfz-Verkehrs auf andere Straßen, Verkehrssicherheit,
Luftschadstoffemission, Energieverbrauch der Fahrzeuge, Versorgung der
Bevölkerung.
Um
diese Kriterien zu prüfen, sind – sofern nicht vorliegend – umfangreiche
Erhebungen erforderlich: Verkehrszählungen mit Tages- und Wochengängen, Kraftfahrerbefragungen
zur Identifizierung regionaler Verkehrsbeziehungen, Fahrplan- und
Fahrzeitenanalyse für den ÖPNV, Berechnung der Auswirkungen auf die
Luftschadstoffe und der erzielbaren Lärmminderung. Schließlich ist angesichts
der bisher noch geringen Erfahrungen mit diesem Vorgehen eine rechtliche
Begleitung empfehlenswert.
PRR
kann aufgrund seiner langjährigen Erfahrung mit einer Vielzahl von Lärmaktionsplänen Gemeinden bei der Abwägung von Tempo 30 umfassend unterstützen.
Das betrifft die Kompetenzen zur Untersuchung verkehrsplanerischer,
städtebaulicher und akustischer Fragen, aber auch eingespielte Kooperationen mit Partnern zur Datenerhebung,
Berechnungen von Umweltkriterien und rechtlichen Verfahrensbegleitung.
Derzeit führt die Stadt Hennigsdorf mit
Unterstützung des PRR und seinen Partnern die Einzelfallprüfung für die
im Lärmaktionsplan der 3. Runde beschlossene Anordnung von drei Tempo 30-Abschnitten
auf Landesstraßen fachlich in eigener Verantwortung durch. In Städten mit komplexeren Straßennetzen kann mit einem Stadtgeschwindigkeitskonzept
der Prüfbedarf gebündelt und
netzbezogen durchgeführt werden, was den Anordnungsaufwand im Einzelfall deutlich
reduziert. Für die Stadt Kirchheim unter Teck hat PRR bereits im Rahmen
des integrierten Verkehrskonzepts ein Stadtgeschwindigkeitskonzept erstellt und
nun in Abstimmung mit der oberen Straßenverkehrsbehörde aktualisiert. Für die Stadt Mönchengladbach
erstellt PRR derzeit im Rahmen des Mobilitätsplans ein
Stadtgeschwindigkeitskonzept, das gleichfalls einer effizienteren Anordnung von
Tempo 30 oder Tempo 40 dienen soll.