Die Tagebaue Garzweiler I und II haben mitten in der dicht
besiedelten Rheinschiene ein gigantisches Ausmaß – ein paar Zahlen sollen dies
verdeutlichen (ohne die Tagebaue Hambach und Inden!): Gesamtfläche ca. 114 km² derzeit
weitgehend unerschlossen, Ost-West-Ausdehnung etwa 17 km, Fläche des Restsees 20-23
km², Befüllung ab etwa 2039 über 35 Jahre u. a. durch Wasserentnahme aus dem
Rhein, Abschluss voraussichtlich Ende der 2070er Jahre. Ist es angesichts dieser
Dimensionen sinnvoll (und überhaupt machbar), im Jahr 2020 für diesen Raum eine
Verkehrsstudie zu erstellen?
Ja, wenn man die Entwicklung in mehrfacher Hinsicht als
Prozess versteht: Es ist der bereits laufende Prozess des sich zurückziehenden
Tagebaus mit nachrückenden Nutzungen in den Randbereichen. Es ist der Prozess des
formalen Umgangs mit den ehemaligen Tagebauflächen (z. B. Bindungen aus der Aktualisierung
der Leitentscheidung oder der Frage der Wiederherstellung der A 61 im fortzuschreibenden
BVWP). Es ist maßgeblich auch der Prozess einer nachhaltigen, robusten und zukunftsfähigen
Flächennutzung und mit welchen Mobilitäts- und Infrastrukturangeboten sie
erschlossen werden soll. Die Frage ist vor allem: Wieviel Straße ist notwendig und
wie kann die bestehende Schieneninfrastruktur weiterentwickelt werden.
Die Verkehrsstudie reagiert auf diese Prozesshaftigkeit mit drei
zeitlich aufeinander folgenden Szenarien: Konkrete kurzfristige Maßnahmen aufbauend
auf bereits bestehenden oder festgesetzten Nutzungen, als mittelfristiges Szenario
sich bereits verfestigende Entwicklungen, die es zu schärfen und an jeweils aktuelle
Erkenntnisse anzupassen gilt, und schließlich als drittes langfristiges Szenario
eine Vision zukünftiger Nutzungsstrukturen. Als Entwicklungsmotoren sollen in
sich schlüssige Maßnahmencluster dienen. So kann Cluster für Cluster auf neue Rahmenbedingungen
– und die werden in den nächsten 50 Jahren nicht ausbleiben – reagiert werden.
PRR hat sich im Auftrag des Zweckverbandes LANDFOLGE
GARZWEILER dieser Aufgabe gestellt. Es war ein ungewöhnliches und deshalb sehr spannendes
Projekt. Angesichts des zeitlichen Horizonts ist die Studie als Teil eines
Findungsprozesses zu verstehen. Es hat uns deshalb gefreut, dass die Gewinner der
"Entwurfswerkstatt Innovation Valley" ihre verkehrliche Konzeption stark
an unsere Überlegungen angelehnt haben – der nächste kleine Schritt zu einer weiteren
Konkretisierung.